Gedichte

Verlag: Songdog Verlag, Bern und Wien
Jahr: 2021

 Florian Vetsch, Autor und Kulturveranstalter, schreibt dazu:

In seinen HERZ-Gedichten, bislang erschienen im Songdog Verlag, Wien/Bern, fünf Bände, spürt der Autor Hans Peter Gansner den konkreten und symbolischen Bezügen des Themas Herz nach. Dabei geht er das Thema existenziell an, bespielt es aber mit viel Witz, Verve und Lebensmut vor einem weiten Verweisungszusammenhang, zu dem Albrecht Dürer und François Villon so selbstverständlich zählen wie Rilke, Benn oder die Songs der Beat- und Post-Beat-Ära. Gansner, ein variationsreicher Sprachkünstler, betritt immer wieder neue Endroits, lässt das zentrale Thema oft jäh in einer unerwarteten Situation aufblitzen und kann zugleich zu schmissig fetzigen Balladen ausholen. Der grosse alte Charles Linsmayer hat einmal über Gansners „zeit gedichte“ (1998) geschrieben: „Das gibt es noch: Literatur, die wie einst diejenige von C. A. Loosli zornig wider den Stachel löckt, die schöne neue Welt des Kapitalismus und die Gleichmacherei der Political correctness zum Teufel wünscht und ohne Rücksicht auf Verlust beim Namen nennt, was andere tabuisieren. (…) Dabei ist das Buch dort am stärksten, beeindruckendsten, wo es unverwechselbarer Gansner ist: da, wo sich Frustration, Zorn, politische Hellsicht und Poesie zu einem Agitprop verbinden, der dem uralten Wort Aufklärung einen neuen, ehrlichen, frechen Sinn gibt.“ Diese Einschätzung gilt noch für Hans Peter Gansners illuminierende HERZ-Gedichte. Und wie der Autor selbst erläutert: „Alles ist Herz; Herz ist alles!“

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Verlag: Edition Signathur, Dozwil

Jahr: 2020

In diesem Buch treten Gedichte, die meisten in der Form japanischer Haiku, von Hans Peter Gansner und Helen Brügger sowie Scherenschnitte von Annelies Eichenberger in einen Dialog, der die überraschende Verwandtschaft der beiden Kunstformen zeigt. Aus diesem Dialog entsteht Neues: Neue Aussagen, neue Einsichten.


nie leuchtet der mond

heller als im februar

nie lacht die eule

lockender den nachtwind aus

wenn die erde sich auftut

Verlag: Edition Signathur

Jahr: 2019

Hans Peter Gansner beschreibt in dieser Zeitreise eines Reisläufers durch die Jahrhunderte die Geschichte des Churer Welschdörfli, wo er als junger Mann einige Zeit lebte, weil die Wohnungen billig und unverheiratete Paare geduldet waren. Es ist die Geschichte der so genannten "kleinen Leute", der Aussenseiter, Verstossenen, Verarmten und Verachteten und ihrem täglichen Kampf um ein Leben in Würde. Gansner setzt diesen Menschen, denen im Grunde sein ganzes Werk gewidmet ist, ein eindrückliches Denkmal.

Die beiden Churer Musiker Mario Giovanoli und Ted Ling haben Auszüge aus der Welschdörfli-Suita vertont und eine CD unter dem Titel "Dr sibti Himmel und a Häxakessel" herausgebracht.

Mehr dazu auf der Webseite von Mario Giovanoli. 

Verlag: Songdog Verlag, Bern und Wien
Jahr: 2019

„Herz unter!“, so könnte man den neuen Gedichtband von Hans Peter Gansner, der vierte in seiner Gedichtreihe zum Thema „herz“, kurz zusammenfassen. Selten bleibt ein Autor über so lange Zeit einem Thema treu, und selten hat ein Autor ein Thema so tief ausgelotet und so vielschichtige Schätze geborgen. Der Autor Florian Vetsch hat Hans Peter Gansner anlässlich der Solothurner Literaturtage 2020 zum Titelgedicht des neuen Lyrikbandes, „das herz ist ein versinkender kontinent“, interviewt.


haarrisse öffnen sich knirschend

weiten sich zu furchen und gräben

buildings bersten und zerstäuben

in erdspalten menschenmassen suchen

vergeblich halt und stürzen hinterher

lächerliche autoansammlungen

schieben einander knirschend umher wie

auf einem galaktischen rummelplatz

und scheppern dann aufflackernd und stinkend

nach gummi öl und benzin von felsstufe zu stufe

in glühende quirlende lavaströme hinab

herz! bitte kommen! flirrt es auf allen frequenzen

funkt über alle kanäle doch alle verbindungen

sind gekappt eine gigavoltladung zerbirst

in der spitze des höchsten turmalins letzte zitadelle

mit der helligkeit einer supernova und verschwindet

in der nacht  des universums: das herz antwortet nicht mehr.

das herz ist nur noch ein versinkender kontinent.


Florian Vetsch: Welche Überlegungen führten dazu, dass gerade dieses Gedicht den Ausschlag für den Titel deines jüngsten Lyrikbandes gab?


Hans Peter Gansner: Die Entstehungszeit meines Poetry-Bandes zwischen 2016 und 2019 fiel in eine Periode sich zuspitzender ökologischer Szenarien, die gemeinsam auf einen möglichen Kollaps unserer Erdatmosphäre, wenn nicht des gesamten bekannten Sonnensystems hinausliefen. Der Titel war so von Anfang an nicht geplant, so wie ich überhaupt Titel nicht am Anfang eines Schreibprozesses setze, der ja besonders bei Lyrik unregelmässig, schubweise und nicht geplant sein soll. Es geht also um das Versinken von Kontinenten, das heisst von Land im Meer: die ökologische Katastrophe schlechthin; die Massen von Menschen, die fliehen müssen, um noch bewohnbares Territorium zu finden; das Trinkwasser, das rar wird durch die Versalzung der Erde, die Wasser-, Luft- und Erdverschmutzung – mit einem Wort: die Apokalypse, wie sie Albrecht Dürer im 16. Jahrhundert in seinem Kaltnadelstich „Ritter, Tod und Teufel“ dargestellt hat; ich habe ihn dem Band „das herz ist ein versinkender kontinent“ als Frontispiz vorangestellt. Damals, zu Dürers Epoche mit ihren sehr modernen Ängsten, Glaubensspaltungen und einem Religionskrieg, der die Hälfte Europas entvölkerte, damals waren es die Sieben Plagen vor dem Ende der Welt: Krieg, Hunger, Seuchen, die Dürer allegorisch in grossen, mittleren und winzigen Motiven darstellte. Die Modernität dieser Thematik wurde mir erstmals in Benidorm an der katalanischen Costa Blanca bewusst. Das ist eine Art New York am Mittelmeer, dessen Hochhäuser, eigentlich Bettenburgen, Restaurants, Discos und Puffs, von der Mitte an aufwärts leer stehen und zu Ruinen zerfallen – „no aigua“, wie es auf Katalanisch heisst: Es gibt kein Wasser mehr, geschweige denn Trinkwasser, und das bei Buildings, die pieds dans l'eau, also direkt am Mare Nostrum, stehen. Ist es wirklich noch „unser Meer“? Ich wage es zu bezweifeln: Das Mittelmeer, die Wiege Europas, ist die Kloake Europas geworden: Algen, Korallenfriedhöfe, Überfischung, frei treibende Netze, Plastik en masse, Klimaerwärmung. Letztere lässt den Meeresspiegel ansteigen, das heisst subjektiv versinkt das Land, wenn in Wirklichkeit der Meeresspiegel steigt. Fast unmerklich, aber stetig, tödlich – und zwar nicht nur in Südostasien, auch Holland ist bedroht durch die Deiche, die brechen können. Uns steht das Salzwasser bis zum Hals; und gleichzeitig steht die Erde „in Feuer“ (Greta Thunberg). Natürlich liebe ich es, aus der Trivialkultur zu schöpfen: King Kong, der als Allegorie des letzten natürlichen Menschen auf das Empire State Building fliehen muss und Jane in der Handmuschel trägt, sein „Sweetheart“; der Illustrator John Heartfield, der eine Fotomontage für den Malik-Verlag herstellte, die New York im Würgegriff einer atlantischen Sintflut zeigt! Schocker, Horrorfilme wie „The Birds“ von Hitchcock, unerklärliche Phänomene, die den Menschen angreifen, ob von ihm gemacht oder nicht; fliegende Untertassen, The Universe Strikes Back, die Nibelungen bei Richard Wagner, die unter der Erde hausen und arbeiten müssen, die erste Konfiguration des Proletariats in der Hochkultur Oper, aber auch der Drache, den nur ein Siegfried besiegen kann. Moderne Märchen, Fantasie, Pulp Fiction… Und daneben das Herz: Wo bleibt es in all dem Desaster? Es geht unter, Gefühle zählen nichts mehr, dafür signieren wir SMS mit hunderten von Emoticons, maschinellen „Beweisen“ unserer Liebe. Doch in der Bibel heisst es: Glaube, Liebe Hoffnung, das Wichtigste aber ist die Liebe. Die drei menschlichen Eigenschaften, die in der Form eines Tattoos meiner „Herz“-Kollektion als Erkennungszeichen dienen – als Glaube, vielleicht; als Liebe, sicher; als Hoffnung, ja, denn diese stirbt zuletzt. O.K., New York als modernes Atlantis, die Hauptstadt des 20. Jahrhunderts, wie Atlantis, die Hauptstadt der Antike, vorbei, vergessen, nie wieder? Apokalypse now! Show down. The End. Mein Gedicht „das herz ist ein versinkender kontinent“ könnte all dies meinen. Aber meint „our house is on fire“ wirklich, die Erde sei nicht mehr zu retten, oder heisst es vielmehr: Empört euch, solidarisiert euch, tun wir endlich etwas, um den uralten Planeten zu retten?! Denn im Moment haben wir keinen andern zur Verfügung, um abzuhauen…


Florian Vetsch: Wie bist du auf das Leitmotiv deiner letzten vier Lyrikbände – auf das Herz – gestossen?  


Hans Peter Gansner: Schon in den Siebzigerjahren, als meine Herz-Odyssee anfing, empfand ich das als zentral: „herzlinie“, publiziert in „megaherz“ (Songdog, Wien 2016), ist eines meiner ersten Gedichte zu dieser Thematik zwischen Dekadenz, Terror, Katharsis und Hoffnung. Ich kam, erschüttert von den News über den faschistischen Militärputsch von Augusto Pinochet in Chile, aus Amsterdam, wo ich bei Walther Lietha gewohnt hatte, nach Basel zurück und musste meine Erfahrungen anfangen zu verarbeiten. Gleichzeitig entstand ein ziemlich ungeniessbares, aber damals aufrichtig gemeintes Romandebüt, betitelt „Abgebrochenes Leben“, in dem ich den Drogentod eines Freundes in A‘Dam darstellte. Schliesslich nahm sich Matthyas Jenny meiner Werklein an und publizierte in seinem Verlag Nachtmaschine ziemlich vieles, was ich damals unter Influence der Beat-Generation mit einer kleinen Reiseschreibmaschine zu Papier brachte. Was sich hielt, war eigentlich die Lyrik, die in verschiedenen Publikationen verstreut ist, und der Prosaband „der freie tag“, erstmals Prosa von mir in radikaler Kleinschreibung. Das Herz wurde immer wichtiger als Thematik – auf Schloss Hallwyl sagte, nachdem ich aus dem ersten Herzband (ich nenne die vier bisher erschienenen der Einfachheit halber nur so) gelesen hatte, ein älterer Herr zu mir, als er sich den schmalen blauen Songdog-Band signieren liess: „Irgendwann müssen Sie dann ja wohl auch wieder was anderes schreiben!“ Es klang irgendwie mahnend – und ich sagte mir: Erst recht nicht! Alles ist Herz; Herz ist alles; ich setze alles auf Herz! – Meine eigene Herzerkrankung mit nachfolgender Operation im Kantonsspital Genf sollte mir recht geben: Seither gehört die tägliche Messung der Herzfrequenz zu meinem Alltag. Einmal hatte ich einen Rückfall, man legte mich in den Kardiographen und ich lauschte meinem hämmernden Puls. Ich fragte meinen jungen Arzt, ob ich diese Aufnahme haben könne, auf Band oder so. Aber er winkte ab: Es gebe bestimmt Schöneres. Nun seh ich mir manchmal die Videos von Laurie Anderson an: Boing, boing, boing…, sagt ihr Herz; die Mikrotaschenlampe glüht hinter ihren Vorderzähnen: She is soul on ice, diese kleine starke Blondine! Ich zähle ihre Auftritte zu meinen wichtigsten poetischen Inspirationen und grüsse sie von Schaffhausen aus nach New York mit diesem Gedicht:


herzlinie


 ich habe gelesen: der daumen des prokurators

war nach unten gerichtet und eine hohle hand

wurde verstohlen nach dem lohn ausgestreckt

während rohe fäuste nägel durch hände hämmerten

errichtend das weltreich des faustrechts.


ich weiss: kolbenhiebe haben die hände verstümmelt

des sängers im stadion von santiago de chile

und fäuste schlagen noch immer in stumme gesichter

und die finger am abzug krümmen sich wieder

und wieder im sinternden licht des morgengrauens.


du berichtest: eine hand hat den schlagstock ergriffen

und eine andere im aufgerissenen kopfsteinpflaster gewühlt

um den ersten stein zu werfen auf die gletscherwand

und die hand eines verzweifelten lege schon die lunte

an die zellentür hinter der er erstickt.


und doch glaube ich: eine faust wird sich öffnen

und zeigen dass sie leer ist und ein finger wird sich

nicht krümmen sondern ausgestreckt

vorwärts weisen und der verstümmelte wird mit

seinen armstümpfen dirigieren in der erinnerung des volkes


bis zur befreiung. und die hand des verzweifelten zieht

die zündschnur zurück und eine hand dreht den schlüssel

im schloss und stein und schlagstock entfallen den erhobenen

händen die endlich zueinander finden nach den handgreiflichkeiten

und allen wird schliesslich ihre schwesterliche hand reichen


eine neue und nie gekannte herzlichkeit


Verlag: Songdog Verlag, Wien
Jahr: 2016

In diesem dritten Band seiner fünfbändigen Serie von Herz-Gedichten lotet Hans Peter Gansner das Thema weiter aus und zeigt, dass es sich bei diesem Muskel und seinem geheimnisvollen Antrieb um einen zentralen Begriff unserer Kultur handelt.

Ein Textbeispiel:

hausfrau mit herz

würden sie denn

einen flüchtling

zu sich nehmen

an weihnachten

wurde eine frau gefragt

sie sagte: ich würde

schon gerne aber

meine familie möchte lieber

einen gänsebraten

Verlag: Songdog Verlag, Wien
Jahr: 2010

Auch in diesem zweiten Band seiner fünfbändigen Gedichteserie zum Thema Herz verarbeitet Hans Peter Gansner Erlebtes und Erfahrenes zu einem eindrücklichen Gesamtbild und zeigt, wie sehr unser Leben und Sterben durch das allgegenwärtige Herz geprägt ist.

Ein Textbeispiel:

herzrasen

es rast mein herz

und bleibt doch

auf dem gleichen fleck.


zum glück

sonst wärs

schon über alle berge

und ich säss

ganz schön

in der tinte


mit einem grossen loch

in der brust und so

ganz und gar ohne herz.

Verlag: Songdog Verlag, Wien
Jahr: 2010

In diesem ersten Band seiner fünfbändigen Herz-Gedichte geht es um kranke Herzen, und wie anders das Leben wird, wenn sich plötzlich alles um das Herz dreht. Dies ist Hans Peter Gansners bisher persönlichste Gedichtsammlung; nach den explizit politischen Gedichten der früheren Jahre geht es jetzt ins Innere, dorthin, wo das Herz sitzt, nämlich links.

Verlag: Edition Signathur, Dozwil

Jahr: 2010

In dieser Sammlung mit Mundart-Poesie erweist sich Hans Peter Gansner als Erneuerer der Mundart-Lyrik: Nicht verklärend, sondern aufklärend ist sein Umgang mit den Balladen seiner Heimat Graubünden, und seine Blues schwelgen nicht in Nostalgie, sondern loben das freie Denken und Sprechen. Seine Sprache ist "bemerkenswert stimmig und originell", wie Literaturkritiker Charles Linsmayer schreibt.

Die "Blüüs und Ballada" sind von Mario Giovanoli vertont worden, das gleichnamige Musik & Lyrik-Programm ist zu hören auf der dem Buch beiliegenden Audio-CD. Mehr dazu, inklusive Hörbeispiele  auf der Webseite von Mario Giovanoli unter Archiv / Musik & Lyrik.

Verlag: Karin Kramer Verlag, Berlin
Jahr: 2003

echt_zeit ist explizite Lyrik. Sie nennt die Dinge beim Namen, radikal, unerschrocken, unbeeinflusst davon, ob politische Lyrik  Mode ist oder nicht. Eindrücklich, wie Hans Peter Gansner gleichzeitig hart und sanft, engagiert und melodiös, politisch und persönlich, aufklärerisch und verträumt schreiben kann.

Dr. phil Marc Reinhardt schreibt dazu:

"Interpunktion ist nun mal ganz überflüssig. Alles hängt doch zusammen. Satzzeichen sind Ramsch und Bluff. Was zu beweisen war. Und Gansner beweist es. Denn nie erscheint die geringste Zweideutigkeit in der Abfolge der Gedanken. "Explizite Lyrik" eben.
Gansner ist ein Dichter, der sich noch einer allumfassenden Sicht der Dinge erfreut, was heutzutage so Not tut, und der einer unmittelbaren Widerspiegelung der Problematik wohlweislich aus dem Weg geht, indem er immer wieder historische Referenzen beizieht. Gesellschaftskritische Betrachtungen begleiten das geschichtliche Geschehen, bis hin zur unmittelbaren Aktualität des Irak-Krieges: Eben: "echt-zeit". Historische Geschehnisse werden in aktualisierter Darstellung wie mit dem Fernglas herangeholt, sodass sie wirken, wie wenn sie sich kürzlich ereignet hätten, so zum Beispiel das Allende-Pinochet-Drama in Chile, vor zwanzig Jahren. So trägt die Rückbesinnung auf weit Zurückliegendes emblematische Züge, weist symbolhaften Charakter auf.
Aus Allumfassendem kann man bei Gansner nur Einzelnes herauspicken; beschränken wir uns also auf einige Wortschöpfungen, die oft, gelungen kreiert, in geglückte Wendungen eingebettet sind. Diese gelungenen Effekte sind bei diesem Sprachkünstler so zahlreich, dass es uns schwindlig werden kann. Hier einige Geistesblitze aus dem schier unerschöpflichen Fundus: Da sind einmal die Wortspiele in der Parodie "Auf Bagdad zu...", Parodie auf die Raubzüge der Alten Eidgenossen nach Oberitalien. Und dann ist da die mangelhafte Bildung der Pinochet-Schergen während der Beschlagnahmung der Bibliothek eines Uni-Professors in Santiago de Chile nach dem Militärputsch 1973: für diese Gorillas muss "Cubismo" notwendigerweise mit Cuba und "Karl May" wohl mit Karl Marx zu tun haben, denn die Bücher des Letzteren sind in rote Einbände gehüllt und demnach höchst verdächtig! Übrigens muss man nicht nach Chile, um dieses Phänomen zu erleben: bei einer Haussuchung beim Schweizer Sozialisten Humbert-Droz weiland ging es ähnlich zu und her: dort wurde nämlich der SBB-Fahrplan wegen seines leuchtend roten Einbands von den überaus gründlichen Bundespolizisten beschlagnahmt! Dann finden sich auch echt witzige Ausdrücke, wie "lack muss probe" oder "marie antoinette, cette autre chienne" (autrichienne), oder "cum grano salis-seewis". Oder, last but not least, zum 1. August: das "rütli-geschwür". Doch lest nur selber! Lasst euch den Atem verschlagen! Aber man merkt beim atemlosen Lesen doch immer wieder: hinter Gansners ironischen Blitzen lauern die todernsten Probleme unserer Zeit. (aus: Vorwärts, Zürich 2003)

Und Verleger Bruno Oetterli schreibt:

"H. P. Gansner nimmt nie ein Blatt vor den Mund, und das hat ihm halt gewisse Türen versperrt. Er ist ein polyglotter Dichter, was wiederum Türen öffnet. Er spielt mit der Hochsprache und mit Mundart(en), findet Passendes im Spanischen, im Englischen und schreibt ganze Gedichte auf Italienisch. Il va sans dire, dass er sich auch gut und gern französisch ausdrückt. Er wäre nicht er, wenn er sich nicht immer wieder für Benachteiligte einsetzte - und da spielt ihm die Couleur überhaupt keine Rolle. Das alles erfordert Horizont. Den hat Gansner, er ist ein wirklicher Europäer."
(Aus: Harass, Literaturzeitschrift, Dozwil, Thurgau)

Jahr: 1998

Verlag: Karin Kramer Verlag Berlin

Mit einem Nachwort von Jean Ziegler und Zeichnungen von Martial Leiter

Im Nachwort zu "zeit.gedichte" schreibt Jean Ziegler:

Gansners Handwerk ist Dichtung. Sein Produkt: das Gedicht. Sein Rohstoff: das gelebte Leben, die helvetische Realität, die abgrundtiefe Entfremdung des Menschen. "Aufklärung", schreibt Immanuel Kant, "ist der Austritt des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit". Gansner ist ein materialistischer Poet, ein Rationalist, ein Aufklärer. (...) Wer nach dem Sinn der Gansner'schen Lyrik fragt - dieser bild- und wortmächtigen, präzisen Sprache, ihrer Effizienz und ihrer Aufklärungsfunktion -, sollte sich an den Klee-Satz erinnern: Gansners Werk macht sichtbar, was in unserem helvetischen Kollektiv-Schicksal und in unseren isolierten Einzel-Existenzen verschüttet, nur geahnt, eben unsichtbar ist.


Medienstimmen:

Charles Linsmayer, in: Der Bund, 19. Dezember 1998
„Das gibt es noch: Literatur, die wie einst diejenige von C.A. Loosli zornig wider den Stachel löckt, die schöne neue Welt des Kapitalismus und die Gleichmacherei der political orrectness zum Teufel wünscht und ohne Rücksicht auf Verlust beim Namen nennt, was andere tabuisieren. (…) Dabei ist das Buch dort am stärksten, beeindruckendsten, wo es unverwechselbarer Gansner ist: da, wo sich Frustration, Zorn, politische Hellsicht und Poesie zu einem Agitprop verbinden, der dem uralten Wort Aufklärung einen neuen, ehrlichen, frechen Sinn gibt.“

Sandrine Fabbri, in Le Temps
"Engagées, les poésies de H. P. Gansner saisissent l'intensité de l'instant autant qu'elles dénoncent l'air du temps."


Orte, Schweizer Literaturzeitschrift
"Seit Gansner mit dem Schreiben anfing, gehört er zu den wenigen revolutionären Dichtern der Schweiz. Er ist es geblieben. Wo er Ungerechtigkeiten, Grausamkeiten sieht, greift er diese poetisch auf."


Verlag: Z-Verlag, Basel 
Jahr: 1980


Rolf Niederhauser, ein Schriftstellerkollege von Hans Peter Gansner, schrieb über dieses Buch:

"Auch Hans Peter Gansner schreibt trotz allem Gedichte. Und wie viele von uns kann er sie nicht leichthin schreiben (was wir doch so gerne tun würden) und nicht unbekümmert um alles, was dagegen spricht. So haftet Unbehagen an seinen Versen und zeichnet eine Lyrik aus, die nicht in sich selber ruhen kann, stets am Suchen ist, brüchig bleiben muss und fern aller Selbstgefälligkeit. Gegen alles aber, was Lyrik so fragwürdig macht, wehrt sich Hans Peter Gansner trotzig, indem er es beschreibt. Was uns daran hindert, Gedichte zu schreiben, das hindert uns auch am Leben."